Guten Tag, hier ist Betsie Babbel, der unerschrockene Spürrüssel für das Grässliche und Unheimliche. Heute melde ich mich aus dem heimlichen, grünen Moor, oberhalb des Heldentals. Der braune Morast und die kahlen Bäume sind durchaus unheimlich.

 

Doch viel wesentlicher ist das, was im Nebel geschieht. Lauter Heimlichkeiten, die arglose Wanderer verschlingen. Ich spreche von schüchternen Monstern, der Gattung Schreckmonster, Art Streckhals.

 

Die scheuen Fleischfresser verstecken sich verschämt im Nebel. Es gibt nur wenige Augenzeugenberichte von Reisenden, die eins der Monster aus der Ferne sahen, wie es bei diesigem Wetter eine Straße überquerte, oder einen Fluss durchschwamm. Alle Zeugen, die näher dran waren, endeten vermutlich im Magen des Ungeheuers. Bis jetzt!

 

Ich tarne mich als Pflanze, um ihm dem Appetit zu verderben, und lege mich auf die Lauer. Es dauert nicht lange, bis ich ein haariges Ungetüm sichte. Offensichtlich eine Pelzwampe, die allseits bekannte Unterart des vulgären Streckhalses. Leicht zu erkennen an dem dichten Pelz und den mehrzähligen Stummel-Hörnern.

 

Vorsichtig rücke ich näher ran und beginne ein Gespräch unter vier Augen.

 

Ein seltener Anblick, das schüchterne Monster ohne einen Sack auf dem Kopf
Ein seltener Anblick, das schüchterne Monster ohne einen Sack auf dem Kopf

 

 

Guten Tag, wie fühlen Sie sich angesichts der Tatsache, dass Sie ihre Schnauze unter einem Leinensack verstecken?

 

Die Pelzwampe quiekt und flüchtet hinter einen morschen Baum. Vorsichtig kommt sie zurück und schnuppert an meiner Verkleidung.

 

Keine Angst, kommen Sie ruhig näher. Ich bin ein friedlicher, ungenießbarer Busch. Darf ich Ihnen einige Fragen stellen?

 

Naja, ich weiß nicht. Mit Fragen kenne ich mich nicht aus. Aber wenn du gerne möchtest. Ich hoffe die sind nicht gefährlich?

 

Nein, die Fragen sind ganz und gar nicht gefährlich. Sagen Sie mir, wie fühlen Sie sich unter dem Leinensack?

 

Du siehst den Sack? Pflanzen mit Augen sind mir ganz neu. Schau mich nicht an.

 

Das Ungetüm bibbert. Es weicht zurück und trampelt auf einen echten Busch.

 

Du großer Gimp, ich bin umzingelt. Überall Grünzeug.

 

Es quietscht verschreckt und flüchtet in den Nebel.

 

Ich kann die Pelzwampe nicht wiederfinden. Aber ich höre sie noch lange jammern, man solle sie nicht ansehen.

 

Zwar hält mir die Leserschaft des Käseblattes zugute, ich hätte meine Augen und Ohren überall, doch das finde ich ein wenig übertrieben.


Guten Tag, hier ist Betsie Babbel, der forsche Spürrüssel für das Schreckliche und Unheimliche.

 

Heute erkunde ich den Wasiweda Weg, auch bekannt als die unerhört lange Südstraße, und hoffe auf eine Begegnung am Wegesrand. -Fände sie auf dem Weg statt, würden wir wohl überfahren werden.

 

Doch bisher sehe ich links und rechts nur trockenes Gras und vor mir die schier endlose, staubige Straße. Über dem festgetretenen Sand flirrt die Luft, die mich eine Fata Morgana von einer breiten Pfütze sehen lässt. Mir rinnt der Schweiß von der Stirn.

 

Plötzlich wirbelt ganz weit hinten eine Staubwolke auf, die sich rasant nähert. Schnell schließe ich meine Augen und halte mir den Rüssel zu. Ich spüre wie der Staub mich einhüllt, höre wildes Gebrüll, Knallen und Krachen.

 

Als Ruhe herrscht und der Staub sich verzieht, öffne ich meine Augen. Vor mir sehe ich gut zwei Meter große Skelette, die mit schwarzen Lederjacken bekleidet sind. Die Jacken sind mit allerhand spitzen Nieten und anderen gefährlich aussehenden Metallteilen bestückt.

An den Füßen tragen die Knochenmänner klobige, ebenfalls schwarze Stiefel, die durch ihre schiere Größe einschüchtern. Aber das Schuhwerk ist nichts im Vergleich zu den Reittieren, auf denen die Skelette sitzen.

Skelettpferde mit Dornenschwänzen, rasiermesserscharfen Zähnen, einer schwarzen, geisterhaften Fetzenmähne und rot glühenden Augenhöhlen. Zwischen den Pferdehufen liegen niedergeschlagene Straßenräuber.

Eine der dämonischen Kreaturen rülpst, aus seinem Maul schießt eine brandheiße Feuerfontäne. Ich weiche dem Feuer aus, indem ich mich zu Boden werfe, der durchaus staubiger ist als er wirkt. Mit viel Sand im Unterkleid und angesengten Kopf-Schuppen beginne ich ein Gespräch unter zwei Augen und einer menge düsterer Augenhöhlen.

 

Guten Tag, wie geht es Ihnen, Angesichts der Tatsache, dass Ihr Reittier die Schuppen einer unbescholtenen Schnüfflerin verkohlte?

 

Hä, wer bist denn du? Hab dich von hier oben gar nicht gesehen.

 

Vielleicht ist es auch gar nicht da, sondern eine Fata Morgana, bemerkt der Nebenmann des Skelettes.

 

Pah, dich sticht die Sonne im Schädel. Das kann niemals eine Fata Morgana sein. Es sieht nicht wie eine Oase aus. Nicht einmal wie eine Palme. Das Ding hat einen Rüssel, knarzt ein anderer.

 

Ich befürchte, das Skelett zieht sogleich an meinem Riechkolben, um seine Behauptung zu beweisen. Also kläre ich die Meute auf.

 

Offensichtlich lesen Sie nicht oft das Käseblatt. Sonst wüssten sie, wer ich bin. Ich bin Betsie Babbel, der Spürrüssel für das Schreckliche und Unheimliche.

 

Ha, verdammt nochmal, eine Schnackse!. Kommen wir jetzt in das Käseblatt?

 

Neugierig rückt die Knochenbande näher heran. Ein Skelett springt von seinem gruseligen Pferd, stellt sich neben mich und winkt.

Huhu, bin ich gut im Bild?

 

Nein, Sie sind nicht im Bilde. Das ist eine einäugige Echse und kein Fotograf. Wenn Sie mir die Frage gestatten, reisen Sie immer in einer Staubwolke?

 

Die Skelette schauen sich verdutzt an, für einen Augenblick verschlägt es ihnen die Sprache. Dann brechen sie in lautes Gelächter aus. Sie grölen, kichern heiser, klappern mit den Kiefern und eines fällt glatt vom Pferd.

 

Wir reisen nur in einer Staubwolke, wenn wir uns mit Straßenräubern raufen.

 

Es grinst, deutet mit einer ausladenden Geste auf die zerlumpten, stinkenden Gestalten, die reglos auf der Straße liegen und sich tot stellen.

 

Jedem, der sich uns in den Weg stellt, geben wir eins auf die Nuss. Das ist unsere Lieblingsbeschäftigung. Mit unseren heißen Öfen machen wir alle Straßen unsicher. Denn wir sind die harten Knochen. Na los, schreib auf, die harten Knochen sind die Größten! Und Stärksten! Und Schönsten! Und Besten!

 

Die Skelette jubeln, stoßen ihre Fäuste in die Luft oder gegen die Rippen eines anderen Knochenmannes, der sich mit einem Fausthieb revanchiert. Von der Begeisterung angesteckt, schlagen die Pferde mit den Hufen aus. Sie rempeln sich gegenseitig an, ihre Reiter verteilen in alle Richtungen Schläge.

 

Und ich tue es den Straßenräubern gleich. Ich lege mich ganz still flach auf den Boden und hoffe, dass ich übersehen werde. Mir schwant die harten Knochen machen die Straßen nicht nur für Räuber und Nüsse unsicher. Mit der beängstigenden Erkenntnis verabschiede ich mich und robbe ganz, ganz leise davon.


Guten Tag, hier ist Betsie Babbel, der unerschrockene Spürrüssel für das Schreckliche und Unheimliche.

Heute melde ich mich aus der grottig finsteren Höhle Nimmerhell und hoffe auf eine unheimliche Begegnung. – Wäre sie heimlich, könnte ich nicht darüber berichten.

 

Aber weder höre, noch sehe ich ein Lebewesen. Es ertönt nur das stete Platschen des Wassers, das von der Höhlendecke tropft, und in der Dunkelheit sehe ich nicht einmal meine Brillengläser vor den Augen. Unter meinen schuppigen Fußsohlen fühle ich einen unebenen Steinboden und eine Pfütze schleimige Flüssigkeit. Ieehgitt! Ich schüttele den Schleim ab und entdecke über mir zwei glühende Augen, die auf mich zufallen. Etwas Haariges prallt gegen meinen Rüssel, das ich schnell entferne, indem ich meinen Rüssel schwinge. Neben mir höre ich ein Klatschen. Vermutlich traf das Haarige auf die Höhlenwand. Zu meinen Füßen sehe ich die Augen, die ein rundes, braunes Pelzknäul beleuchten, das eindeutig ein Lebewesen ist. Ich hole das Aufnahmegerät heraus und beginne ein Gespräch unter vier Augen.

 

Wie geht es Ihnen, angesichts der Tatsache eine unbescholtene Schnüfflerin fast zu Tode erschreckt zu haben?

 

Wie es mir geht? Was ist das für eine Frage? Eine Frechheit ist das. Du hast mich gerade gegen eine harte Wand gestoßen und es hat nichts geholfen. Mir schmerzt mein kleiner Huf immer noch unerträglich.

 

Das Pelztier klettert auf einen Felsblock und sieht mich durchdringend an.

 

Verzeihen Sie mein Missgeschick. Ich meinte Sie wären ein schüchternes Monster, das wie aus dem Nichts auftaucht und arglose Wanderer verschlingt.

 

Nein, ich bin ein Grottenmalm mit Hufschmerzen. Hättest du die Güte einmal kräftig auf diesen Huf zu schlagen?

 

Das halte ich für keine gute Idee. Ich sollte den Huf besser verbinden, oder mit einem Eisblock kühlen.

 

Nein, du sollst wirklich kräftig draufhauen. Ich habe mir den Huf nicht geprellt, sondern verrenkt als ich einen Stein lostrat.

 

Um Gimps Willen, wieso traten Sie einen Stein?

 

Ganz einfach, weil ich wollte, dass er von der Decke fällt. Ehe du wieder fragst, erzähle ich dir den Grund. Alles fing damit an, dass ich kopfüber die Höhlendecke entlang lief und Steinpilze graste. Steinpilze sind nämlich mein Lieblingsessen. Sie sind so schön steinig und knackig.

 

Sie traten gegen einen Stein, weil Sie Steinpilze mögen?

 

Nein, nicht wegen den Pilzen. Die schmeckten hervorragend. Als ich so gemütlich kaute, flog eine Fledermaus auf mich zu. Mein Nackenfell sträubte sich, und ich wusste, die Fledermaus war ein dämonisches Monster, das sich als Fledermaus verkleidete. Mein Nackenfell sträubt sich immer, wenn etwas Dämonisches sich nähert. Ich mag Dämonen nämlich nicht und alle anderen Grottenmalme mögen sie auch nicht. Dieses Dämonenvolk lässt überall angenagte Knochen in der Höhle liegen, oder fesselt dort kreischende Jungfrauen. Außerdem kauft es uns nie etwas ab. Willst du vielleicht eine Uhr? Sie ist ganz frische Ware, das neueste Modell auf dem Markt. Ein Zeiger tickt vorwärts und der andere rückwärts. So kommst du nie zu spät.

 

Der Grottenmalm zieht seinen Fellmantel zur Seite und zeigt mir einen seltsamen Klumpen aus Zahnrädern, Zeigern, Ziffernblättern und Federn.

 

Nein, danke. Mich interessiert mehr, was sie taten als die Fledermaus auf Sie zuflog.

 

Augenscheinlich enttäuscht von meiner Antwort, zieht der Grottenmalm den Fellmantel wieder zu.

 

Ganz einfach. Ich trat gegen einen Stein an der Decke, der auf die Fledermaus fiel. Es machte platsch und die Fledermaus war platt. Ja, das war ein lustiger Anblick. Das dämonische Monster war nicht gerade fest. Irgendwo da unten wabbelt es sicher noch herum.

 

Ich erinnere mich an die Pfütze, in die ich trat. Und mir fällt es nicht sehr schwer dem Grottenmalm seine Bitte zu erfüllen. Ich schlage ihm kräftig auf den kleinen Huf, der laut knackt. Glücklich verschwindet der Grottenmalm in der Finsternis und auch ich verabschiede mich jetzt. Mit dem dringenden Bedürfnis nach einem Fußbad.